Nachdem Maria geboren wurde, fotografierten wir sie unentwegt, druckten die schönsten Bilder aus und klebten sie in ein Album. Das Fotografieren wurde nicht weniger, doch mit der Zeit fehlte es an Muße und Energie, die Seiten in ihrem Baby-Album zu füllen. Viele blieben bis heute leer.
Es war meine Mutter, die sich weiter um die Pflege der Familienerinnerungen kümmerte. Allerdings digital. Im Internet fügte sie unsere Bilder mit Hilfe von Fotobuch-Software zu Jahrbüchern zusammen und ließ sie ausdrucken. Ich fand das Ergebnis toll und fing ebenfalls an, regelmäßig die besten Fotos virtuell in Alben zu sortieren und diese als Fotobücher zu drucken. Maria beobachtete mich dabei, durfte ab und an Sticker auf den Seiten platzieren.
Als wir aus dem Urlaub bei der Großmutter in Mexiko zurückkamen, wollte sie das passende Fotobuch dazu machen. Anfangs brauchte sie noch etwas Hilfe, doch sie verstand das System ziemlich schnell und war geschickt im Umgang mit der Computermaus. Sie wählte die Hintergründe, suchte die Fotos aus und ordnete sie an, setzte kleine Sticker-Akzente und schrieb Seitentitel. Es dauerte ungefähr vier Stunden, dann war ihr erstes Fotobuch fertig.
Auf den vorderen Seiten sind vor allem ihre Freunde zu sehen und Erlebnisse, die sie mit ihnen teilte. Beim Schwimmen, beim Ausflug. Beim Spielen. Es ist ein anderes Buch, als ich es gebastelt hätte. Ich hätte mehr Gruppenbilder verwendet, wäre chronologisch vorgegangen. Maria sah auf die gleichen Bildern mit einem kindlicheren Blick, sortierte sie eher nach ihren Emotionen. So bleibt diesmal Marias Sicht der Dinge gebannt. Was ich faszinierend finde, genau wie ihre Geduld beim Kreieren des Buches.
Eine Freundin, die bei uns diese Alben gesehen hatte, wollte ihrer Mutter ein solches zum Geburtstag schenken. Ich sagte, Maria sei eine Expertin und könne ihr zeigen, wie es geht. So kam uns Susana besuchen, zog sich mit Maria und dem Computer aufs Sofa zurück. Und die Achtjährige zeigte der Dokumentarfilmerin, wie das Fotobuch-Programm funktioniert.
Auch dabei ging sie ganz anders vor, als ich es getan hätte. Weniger zielorientiert, viel mehr auf Spaß bedacht. So wurden auch völlig absurde Fotorahmen ausprobiert, einfach, weil es lustig war. Oder kitschige Hintergründe genommen und sich darüber kaputtgelacht. Auch lernte sie mit ihrer großen Schülerin zusammen Neues, wie zum Beispiel den Doppelklick, um Fotos zu bewegen.
Die beiden bastelten einige Seiten zusammen, erfanden witzige Überschriften, redeten über die Leute auf den Bildern und lachten viel. So lange, bis Susana versicherte, dass sie das System verstanden hatte. Dann endete Marias Lehrstunde und sie gingen ins Kinderzimmer spielen.