Seit Maria beobachten und Worte formen konnte, spielte sie gern telefonieren. Dass ich dabei häufig den freien Arm in die Hüfte stemme, fiel mir erst durch die Spiegelung der Zweijährigen auf. Inzwischen ist Maria gewachsen und wünscht sich regelmäßig ein echtes Telefon. Am liebsten ein Smartphone.
Als meine Tochter anfing, ihre ersten selbstständigen Ausflüge zu unternehmen, wollte ich ihr reflexartig ein Handy als Sicherheitsleine umlegen. Die Illusion, jederzeit zu wissen, wo sie sein würde und sie erreichen zu können, war verlockend. Aber eben nur eine Illusion. Wenn das Handy am Boden des Ranzens klingeln würde, während Maria spielte, würde mein Anruf unbeantwortet bleiben und ich mich in eine Angstspirale hineinsteigern.
Um es kurz zu machen: Ich war noch nicht soweit, dass meine Tochter ein Handy bekommen konnte. Ich musste mir erst klarmachen, dass wir ihr keinen Angstdämpfer, sondern ein Kommunikationsspielzeug schenken würden. Als sie an einem Ferientag mal wieder fragte, ob sie nicht Papas altes Telefon haben könnte, hatte ich meine Ängste überwunden.
Mein Mann und ich hatten uns schon vorher überlegt, dass Maria nicht gleich das gewünschte Smartphone bekommen sollte, sondern zuerst sein altes Klapphandy. Um die neuen Kommunikationswege Schritt für Schritt zu üben. Mit dem Handy könnte sie telefonieren und SMS schreiben, aber es hat weder Kamera, noch Internet.
Als sich das Handy auflud, legten wir gemeinsam Regeln fest: Maria würde eine Prepaid-Nummer bekommen und nach den ersten von uns geschenkten zehn Euro ihr Guthaben mit dem Taschengeld aufstocken müssen. Außerdem sollte sie nur ein Gespräch annehmen, wenn sie die Namen vorher einprogrammierte Nummern auf dem Display sah. Bei fremden Nummern würden wir abends gemeinsam zurückrufen. Wenn sie nach der Schule noch spontan zu einer Freundin wollte, sollte sie kurz Zuhause vorbeikommen und Bescheid sagen, um auch mit Telefon in der Tasche zu lernen, dass sie sich an Absprachen hält.
Dann gingen wir zusammen die Prepaid-Karte kaufen. Zuhause zurück zog sich Maria mit ihrem Papa zurück, und er erklärte ihr die Funktionen ihres neuen Spielzeugs. Ziemlich schnell verstand Maria, dass sie Nachrichten schicken weniger kostete als anzurufen. Deshalb stellte sie nun Regeln auf: Sie würde uns nicht anrufen, sondern eine SMS schicken, wenn sie mit uns reden wollte. Und wir sollten dann zurückrufen: „Bei euch kostet das ja nichts.“
Manchmal steckt Maria ihr Telefon morgens in den Schulranzen, manchmal lässt sie es im Wohnzimmer liegen. Manchmal ruft sie die Guthaben-Hotline an und kontrolliert, wieviel Geld sie noch hat.
Und manchmal fragt sie, wann sie denn nun ein „echtes Handy“ bekommt!