"Wie machen die eigentlich Trickfilme?"


Maria fragt gern und viel. Ich antworte ihr, so gut ich kann. Ihre Frage „Wie machen die eigentlich Trickfilme?“ kostete mich allerdings ein komplettes Wochenende. Ich meinte nämlich spontan, wir könnten selbst einen kurzen Film basteln. Nur hatte ich mich bis dahin noch nie mit Videoprogrammen beschäftigt.

Der erste – analoge - Teil hieß, Steine suchen und sie mit Zweigen, Tannennadeln und Knete in kleine Piraten zu verwandel verwandeln. Die sollten sich in unserem Film streiten. Maria übernahm die Kamera. Ich bekam von ihr Regieanweisungen, veränderte dementsprechend die Piratenmännchen und sie fotografierte mit ihrem Tablet Bewegung für Bewegung, meist aus der gleichen Perspektive. Am Ende hatten wir 42 Fotos ohne und sieben mit meinen Fingern drauf. So weit, so einfach. Doch nun sollten die Bilder laufen lernen - und ich hatte nicht den Schimmer wie! Aber versprochen ist versprochen.

Als Maria schlief googelte ich „Trickfilme selber machen“. Da klang alles noch relativ simpel. Fotos auf den Computer packen, Software runterladen, neues Projekt öffnen, dies und das anklicken und fertig ist das Meisterwerk.

Schon der erste Punkt kostete mich geschlagene zwei Stunden. Bei Marias Kindertablet kurio7 funktioniert die USB-Übertragung scheinbar nur, wenn man nicht im Kinder- oder Elternprofil ist, sondern in die normale Android-Benutzeroberfläche wechselt. Das ohne Handbuch herauszufinden, verbrauchte ungefähr 90 Minuten Lebenszeit. Noch mal 30 Minuten gingen dafür drauf, festzustellen, dass unsere Fotos nicht – wie logisch wäre – unter Pictures gespeichert waren, sondern woanders.

Endlich hatte ich die Fotos im Familienlaptop und schweißtreibende Angst vor dem nächsten Schritt: Programm installieren und ein neues Projekt öffnen. Schon bei der Frage „welche Software“ hätte ich schreien können. Doch kurz vorher erinnerte ich mich an das Buch „Netzgemüse“ von Tanja und Johnny Häusler, ein spannend-fröhliches Kompendium zur “Aufzucht und Pflege der Generation Internet”. Mir fiel ein, dass ich dort gelesen hatte, wie man bei Youtube mit dem Stichwort „Tutorial“ zwangsläufig auf digitale Experten stößt.

Also auf zu Youtube: Und tatsächlich – mit den richtigen Suchwörtern und „Tutorial“ wimmelt es dort von Lehrvideos, bei denen eine Stimme aus dem Off am Computerbildschirm Schritt für Schritt erzählt, was zu tun, zu drücken, zu klicken und zu öffnen ist. Auch wenn einige der digitalen Experten - der Stimme nach zu urteilen - noch in keine Ü-18-Disko kommen würden, fühlte ich mich geborgen. Mit ihnen lernte ich, in Windows-Moviemaker den Fotos Beine zu machen. Den fertigen Film löschte ich. Das wiederholte noch einmal und dann fühlte ich mich sicher genug, das neue Wissen an meine Tochter weiterzugeben. Denn Maria sollte den Computer als „Werkzeug“ entdecken, wie es Professor Hüther genannt hatte, und ihren Film selbst kreieren.

Am nächsten Tag setzten wir uns zusammen vor den Laptop. Mit tatkräftiger Unterstützung klickte meine Sechsjährige begeistert ihre Fotos zu einem Trickfilm zusammen: „Ist ja Babyeinfach“, meinte sie unbekümmert. Den fertigen Film nahm sie auf einem USB-Stick in die Schule mit. Die Lehrerin brachte am Tag darauf ihren Laptop in den Unterricht und Maria konnte ihren Film vorführen. Stolz erzählte sie mir später: „Ich hab sogar einen Applaus bekommen“.