Flüchtlinge: Fremd und doch vertraut

Ein Versorgungszelt für Flüchtlinge am Bahnhof des Kölner-Bonn-Flughafen.
Foto: Raimond Spekking/CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Bis zu 30 000 Minderjährige sind in diesem Jahr ohne ihre Eltern nach Deutschland geflohen. Sie stammen aus anderen Kulturkreisen, sprechen andere Sprachen, haben andere Kindheiten erlebt. Doch einmal angekommen sind sie deutschen Teenagern auch verdammt ähnlich – zumindest in der digitalen Welt.

Durch einen Dads-finest-Blogartikel stieß ich auf eine Studie der Universität Vechta und des Deutschen Kinderhilfswerkes. Für „Internet ist gleich mit Essen“ wurden 17 junge Flüchtlinge, die aus Afghanistan, Äthiopien, Bangladesch, Senegal, Somalia, Usbekistan, Eritrea, Irak, Kosovo und Pakistan stammen und inzwischen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe leben, zur Nutzung digitaler Medien interviewt. Auf der Flucht, so erzählten die 15- bis 19-Jährigen, waren Smartphones und soziale Netzwerke für sie enorm wichtige Helfer. Um der Familie Lebenszeichen zu schicken, Nachrichten auszutauschen, Fluchtwege zu organisieren und ihnen per Navigations-Apps zu folgen.

In Deutschland angekommen, wurde der Flucht- zum Lebenshelfer. Einer der Jugendlichen, dem sein Laptop auf der Flucht abgenommen worden war, wollte nach seiner Ankunft so schnell wie möglich ins Internet, um Daten aus seiner Cloud herunterzuladen. 7 000 private Bilder – darunter auch Fotos seines verstorbenen Vaters.

„Zu den ersten Handlungen der jungen Flüchtlinge im Aufnahmeland gehört, sich ein Mobiltelefon zu besorgen und sich, falls nicht schon vorhanden, einen Facebook-Account einzurichten“, heißt es in der Studie. Das Taschengeld geht danach vor allem für Prepaid-Guthaben drauf. Und weil ihnen das Datenvolumen selten bis zum Monatsende reicht, suchen sie sich öffentliche Hotspots. Und sitzen im Park oder im Cafe neben deutschen Teenagern und teilen sich aus den gleichen Gründen das WLAN.

„Wie für viele junge Menschen in Deutschland gehören Facebook und WhatsApp zu den zentralen Diensten, die die jungen Flüchtlinge nutzen“, so die Studie. Wie deutsche Jugendliche würden sie zwischen Facebook-Freunden und echten Freunden differenzieren. Und wie deutsche Jugendliche suchen sie über Likes, Selfies, Statusmeldungen oder Posts emotionale Unterstützung und Zugehörigkeit. Chatten per Text- oder Sprachnachricht mit Freunden und Familie auf WhatsApp.

Sie sehen sich auf Youtube Filme und Musikvideos an, folgen ihren Idolen bei Twitter und Instagram. Sie lernen mit Apps und Google für die Schule. Sie nutzen für Videoanrufe Skype oder Viber und schreiben kaum private Mails. „Internet ist gleich mit Essen“ sagte einer der Flüchtlinge. Wie für viele in Deutschland geborene Jugendliche sind digitale Medien für sie ein lebenswichtiges Grundbedürfnis.    

Sicher wird es auch Unterschiede geben. Vielleicht telefonieren Flüchtlinge lieber mit ihren Eltern als andere Teenager. Ein 17-Jähriger, der allein aus Eritrea kam, jetzt Deutsch lernt und die 8. Klasse besucht, meinte im Interview: „Wenn du von deine Eltern oder von deine Familie weg bist, was ist, was du vermisst? Die Wärme von der Mutter und die Unterhaltung mit deiner Mutter.“