Keine Kinderschutzsoftware wegen Fräulein Rottenmeier!

Nur noch ein Augenblick und Maria wird sich in ihrer Pubertät verpuppen. Die ersten Fäden dieses Kokons schimmern schon durch. Meine fast Achtjährige interessieren bei Radio Teddy auch die abendlichen „Deutschen Hits“, und sie wünscht sich eine CD von Adel Tawil. Bei Youtube suchen wir oft nach Musikvideos, und regelmäßig will sie sich in den Logo-Nachrichten das Weltgeschehen erklären lassen. Weil ihr Kindertablet Videos nur langsam lädt, darf sie dafür mein iPad benutzen. Am Anfang überlegte ich, ob ich darauf eine extra Kinderschutzsoftware installieren sollte. Ich entschied mich dagegen. Wegen Heidi und Fräulein Rottenmeier!

Ich hatte mit der Recherche auf Blogs begonnen, die ich regelmäßig lese. Bei Ene-Mene-Mobile, Schau-Hin und Papa-Online fand ich gute Tipps zur Kindersicherung durch im Tablet mitgelieferte Funktionen. Wie man beispielsweise In-App-Käufe verhindern kann. Einiges davon erschien mir sinnvoll und ich klickte mein iPad zurecht.

Doch längst ist um die Sorge der Eltern ein Markt entstanden, gibt es jede Menge extra Kinderschutzsoftware. 17 dieser digitalen Supernanny-Programme hat das IT-Sicherheits-Institut AV aktuell getestet. Sie protokollieren und melden den Suchverlauf, sperren Webseiten, Videoplayer oder Download-Programme und einige lassen Eltern sogar aus der Ferne Kontakte im Messanger sperren oder Internet-Domains blockieren. Beim Lesen der Testergebnisse musste ich dauernd an Fräulein Rottenmeier denken, die Gouvernante aus „Heidi“. Ihre leicht hysterischen Versuche, dem Mädchen aus den Bergen Disziplin und Ordnung einzutrichtern. War ich dabei, in ihre Fußstapfen zu treten? Würde ich genauso an der kindlichen Neugierde und Abenteuerlust scheitern?

Der Artikel „Wie Kinder sicher surfen“  der Süddeutschen Zeitung verstärkte mein Rottenmeier-Gefühl. Um die Sperren auszuhebeln, müssten Kinder keine begabten Hacker sein, hieß es dort. Auf der Spielwiese Internet würden sich jede Menge Erklärvideos finden, die Schritt für Schritt zeigen, wie Kindersperren zu umgehen sind. Auch so, dass die Eltern davon nichts mitbekommen. „So sinnvoll es also ist, etwa einen Kinderschutzfilter zu installieren, umso weniger kann man sich darauf verlassen, dass die teuer gekaufte und mühsam eingerichtete Schutzsoftware auch tatsächlich ihre Funktion erfüllt.“  Das saß  - wie das Monokel im Auge der Gouvernante.

Deshalb habe ich jetzt keine Kinderschutzsoftware auf dem iPad. Stattdessen habe ich für Maria drei Ordner angelegt, einen mit Spielen, einen mit Büchern und einen mit Webseiten wie Logo und Frag Finn. Die darf sie ohne Aufsicht benutzen. Für alles andere soll sie mich oder ihren Papa dazu holen. Gemeinsam gehen wir dann mit Firefox durch die Safari-Tür in die virtuelle Welt, und ich versuche ihr die sumpfigen Gegenden aus der Ferne zu erklären. Und wenn sie sich eines Tages dorthin verirrt, will ich ihr helfen. Wie der Alm-Öhi seiner Enkelin Heidi.